Der Flughafen München ist neben Frankfurt für die deutsche Flugsimulatorszene sicher einer der Ankerpunkte, der in kaum einer Sammlung fehlen sollte. Solche „must-haves“ stehen naturgemäß unter besonderer Beobachtung und müssen sich der Kritik vieler ambitionierter Hobbypiloten stellen. Daher werfen wir heute einen genaueren Blick auf die Umsetzung von sim-wings, deren Szenerien mittlerweile zu den besten zählen, die sowohl für Prepar3D (P3D) als auch den Microsoft Flight Simulator (MSFS) zur Verfügung stehen.
Lange Zeit führte der Münchner Flughafen im Simulator ein trostloses Dasein, zumindest so lange die Umsetzung von Taxi2Gate die einzig verfügbare für P3D war. Von Anfang an war die Szenerie von Fehlern geprägt, die nur schleppend wenn überhaupt beseitigt wurden, eine Version für P3D v5 ist nie erschienen. Die Updatepolitik von Taxi2Gate war alles andere als kundenfreundlich, so dass sich viele Flugsimulatorfans schon seit langem eine Alternative gewünscht hatten.
Mit sim-wings Munich steht der bayerische Airport nun gleich in zwei Varianten zur Verfügung, nämlich für P3D v5 als auch für den brandneuen MSFS. Und soviel sei schon vorweg verraten: Nicht nur muss die sim-wings Umsetzung den Vergleich mit Taxi2Gate nicht scheuen, sie lässt den angestaubten Flughafen ganz und gar alt aussehen.
München war lange Zeit mein „Heimatflughafen“, die Ansprüche an den Realismus in der Simulatorumsetzung sind also entsprechend hoch. Doch schon nach ein paar kurzen „Rundflügen“ über das Airportgelände kommt sofort dieses vertraute Gefühl auf, dass man quasi jede Ecke kennt, weil sie in der Realität eben (fast) genauso aussieht. Hier merkt man, dass die Entwickler mit viel Liebe zum Detail an die Umsetzung gegangen sind. Zwar misst sich die Qualität einer Flughafenszenerie an mehr als der Summe ihrer Details, aber genau diese Details sind es schlussendlich, die dieses stimmige Gesamtbild ergeben, das den Hobbypiloten in eine Szenerie hineinzieht – oder eben auch nicht. Und hier trumpft sim-wings auf. Egal welches Gebäude auf dem Airport, die dem Piloten zugewandten Terminalseiten wie auch weiter entfernt stehende Hangargebäude, sind mit einer enormen Detailverliebtheit gestaltet, die in ihrer Summe den Flughafen authentisch und erlebbar machen.
Hinzu kommt, dass das Flughafengelände gut bevölkert ist von animiertem Bodenverkehr. Selbst wenn sich gerade mal keine anderen Mitflieger nach München verirren und so ein wenig Leben auf den Airport zaubern, kommt man sich also nicht ganz verlassen vor, auch wenn das Feuerwehrfahrzeug, das unvermittelt am Gate auftaucht, einem schon einen kleinen Schrecken einjagt.
Der Münchner Flughafen mit seinen sich über die komplette Breite des Airports erstreckenden Terminals bietet sich nahezu für den überbordenden Einsatz transparenter Glasflächen an. Konsequenterweise glänzt die sim-wings Szenerie in dieser Beziehung – im wahrsten Sinne des Wortes. Hinter den ausladenden Terminalfenstern sind dann auch detalliert gestaltete Innenräume zu sehen. So macht eine Szenerie wirklich Spaß. Denn auch, wenn im Cockpit kurz Langeweile aufkommt, weil die Passagiere mal wieder zu lange zum Boarden brauchen, bietet sich der Flughafen für einen kleinen Rundgang an, auf dem man immer wieder Neues entdecken kann.
Dass bei derartiger optischer Opulenz die Bildwiederholrate nicht in den Keller geht, ist zum Gutteil sicher der neuen Microsoft Architektur zuzuschreiben, aber auch hier haben wir in der Vergangenheit gesehen, dass einige Entwickler durchaus verschwenderisch mit neuen Ressourcen umgehen und den technologischen Vorteil mehr oder weniger nivellieren. Nicht so sim-wings, die Szenerie läuft auch bei Ultra Einstellungen absolut flüssig.
Alle, mittlerweile drei Terminals inklusive des „neuen“ Satelliten am Ostterminal, sind mit einem hohen Detailgrad modelliert. Das gilt für die eigentlichen Terminalgebäude genauso wie für Jetways und Bodentexturen. Gerade das in der Realität mittlerweile in die Jahre gekommene alte Terminal 1 versprüht auch in der Simulation einen ähnlich angestaubten Charme. Auch wenn hier ein wenig Nostalgie mitschwingt, niemand fliegt glaub ich gern freiwillig hier ab – zumindest im wahren Leben nicht – im Simulator muss man sich ja aber zum Glück nicht mit der heruntergekommenen Infrastruktur und einem Mangel an Lounges herumschlagen.
München ist aber nicht nur ein Passagierflughafen, sondern spielt auch im Frachtverkehr und bei der Wartung eine wichtige Rolle. Die großen Wartungshangars im Westteil des Flughafens und das Frachtvorfeld sind dementsprechend auch in der Simulation von Bedeutung – und auch diese können sich wahrlich sehen lassen, obwohl sie nicht unbedingt immer im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, zumindest wenn man sich auf die (simulierte) Passage beschränkt.
Ein steter Stein des Anstoßes – zumindest in der alten Taxi2Gate Szenerie – waren die Brücken über die Zubringerstraßen jeweils im Norden und Süden an den Exits N1 bis N4 und S5 bis S8. Entweder fiel man durch die Brücken beim Taxi durch oder die Autos folgten nicht vorhandenen Straßen oder es gab gleich erst gar keine Unterführung. Man hatte die Wahl zwischen allerlei Übeln. In der neuen sim-wings Szenerie ist dagegen zum Glück an dieser Stelle alles so wie es sein soll. Unterführungen sind eben solche, der Straßenverkehr benimmt sich einigermaßen StVO gerecht und man muss beim Überqueren selbiger auch keine Angst haben, samt seinem Airbus ein paar Meter in die Tiefe zu stürzen. Gleiches gilt für KI Flug- und Bodenverkehr. Et voilà, geht doch.
Was die Einbettung in die umgebende Landschaft angeht, ist MSFS typisch nichts zu bemängeln. Man kann schlicht nicht erkennen, wo die Szenerie endet und die Standard MS Flight Simulator Landschaft beginnt.
Mit „sim-wings Munich“ hat Aerosoft einen großen Wurf gelandet. Nicht nur schlägt die neue Umsetzung die Vorgängerversionen anderer Entwickler um Längen, auch für sich genommen ist die neue Szenerie ein Glanzstück. Gerade für die deutschen Flugsimulanten spielt der südlichste aller großen deutschen Verkehrsflughäfen eine herausragende Rolle. Und endlich wird auch die virtuelle Variante diesem Anspruch gerecht. Sämtliche Gebäude sind mit einem hohen Detailgrad modelliert, Glasflächen an allen großen Terminalgebäuden transparent gestaltet und geben den Blick frei auf ausmodellierte Innenräume. Reichlich vorhandener und animierter Bodenverkehr lässt die Szenerie authentisch und lebendig wirken. Abgerundet wird das stimmige Gesamtpaket durch hoch auflösende Bodentexturen und einen hohen Detailgrad auch am Rande der Szenerie und nicht nur im unmittelbaren Blickfeld des Piloten.